Bei der Auswahl meines ersten Smartphones habe ich viele Reviews zu Rate gezogen und dort dann auch u.a. die Leistung der Kamera versucht zu ermitteln. Auch wenn die Kamera für mich eher eine untergeordnete Rolle für die Kaufentscheidung spielte. Aus vielerlei Gründen fiel meine Wahl auf das Xperia Arc S von Sony Ericsson. Nach dem ich die für mich interessanten und wichtigen Features erforscht hatte, war letzte Woche dann auch endlich die Kamera dran. Hier nachfolgend meine ersten Einschätzungen, wobei ich Video komplett ausklammere.
In den vielen Testberichten die ich las, könnte ich schon erkennen, dass es mit der Leistung der Handy-Kameras nicht gerade weit her ist. Zwar wird wie bei allen Knipsen mit hoher Megapixelzahl geworben und auch vermeintliche Super-Sensor-Techniken wie Exmor werden in die Waagschale geworfen und sollen den Käufern animieren. Aber was man auf den Testbildern sehen konnte, war eher ernüchternd. So schon leicht vorbelastet, habe ich dennoch versucht über meinen Schatten zu springen und die Kamerafunktion ganz vorurteilsfrei zu bewerten. Was daraus geworden ist, könnt ihr nun lesen.
Nach den ersten flüchtigen Testbilder mit der Kamera fühlte ich mich wirklich "ganz unten" ;) Wenn man normalerweise mit einer Spiegelreflexkamera mit entsprechend aufwendigen und teuren Objektiven Fotografiert, ist man schon reichlich verwöhnt. Meine letzte Kompaktkamera hatte ich vielleicht vor 5 Jahren in den Hand. Was man auf dem Handydisplay sehen konnte, sah erstmal noch halbwegs brauchbar aus. Herangezoomt wurde es dann schon düsterer und auf dem PC-Monitor betrachtet war eigentlich klar, die taugen nichts!
Während die Bedienung noch halbwegs zu überzeugen weiß, ist die Bildqualität eigentlich nicht mal auf dem Niveau einer wirklich billigen Kompaktkamera. Gut, verwundert ja auch nicht weiter, wenn man die technischen Parameter einmal anschaut. Ein winziges Objektiv, das wahrscheinlich nur aus 1 Linse besteht (können auch mehr sein) und ein Winzling von Sensor mit einer wahnsinnigen Auflösung. Entsprechend fällt bei den Bildern sofort eines auf, selbst bei strahlendem Sonnenschein ist das Bild übersät mit Artefakten, also Bildstörungen die durch Sensorrauschen und die Entrauschung durch die Kamerasoftware entstehen. Blauer Himmel hat Struktur in Form von Löchern und bunten Pixeln. Außerdem werden feine Strukturen nahezu immer komplett glatt gebügelt, auch ein Seiteneffekt des Rauschens und der damit notwendigen kamerainternen Nachbearbeitung. Von den z.B. 8 Megapixeln der Kamera im Arc S dürften effektiv nur sehr wenige übrig bleiben, wenn man die Details betrachtet. Soweit hatte ich das auch bei Testberichten aller anderen Smartphones gesehen, die ich mir angeschaut habe, darunter auch das iPhone 4GS. Die Unterschiede waren eher gering, wirklich überzeugende Bildergebnisse liefert in meinen Augen keines der Geräte...wenn man solche Ansprüche hat wie ich wohlgemerkt.
Eigentlich hätte ich also nach den ersten Testbildern schon aufgeben, und das Thema Handykamera zu den Akten legen können. Aber so leicht wollte ich es dann doch nicht auf sich beruhen lassen. Mich reizte einfach das Unperfekte und ich wollte wissen, was man aus diesem Teil herauskitzeln kann. Also das Teil geschnappt und an einem sonnigen Tag damit durch die Gegend gelaufen. Die Luft war kalt, der Himmel entsprechend klar, also beste Voraussetzungen.
Wie man sieht, war das Licht mehr als ausreichend. Wie alle Bilder in diesem Beitrag, ist auch dieses hier stark nachbearbeitet (mit Lightroom 3). Mich interessiert weniger was aus der Knipse kommt, als vielmehr das, was man daraus machen kann. Auch meine Fotos mit einer Spiegelreflexkamera sind grundsätzlich das Ergebnis einer mehr oder weniger starken Nachbearbeitung am Rechner.
Das Handy gerade zu halten viel mir übrigens reichlich schwer. Ist natürlich mein Problem und eine Sache der Übung. Was man auf diesem Bild vielleicht erahnen kann, ist die geringe Detailauflösung (Büsche, Bäume, Geäst). Sieht teilweise aus wie Wattebäusche, ein Effekt den ich auch von meinen ersten Kompaktkameras kenne. Hier noch nicht ganz so stark ausgeprägt, steigt dieser Effekt bei weniger Licht und damit steigender ISO-Zahl dramatisch an.
Ich Sachen Dynamikumfang darf man auch keine Wunder erwarten. Sehr schnell brennen einem helle Stellen im Bild aus und sind dann JPEG-typisch auch nicht mehr nachträglich zu retten. Ich musste oft unterbelichten, was aufgrund der Bedienung keine Freude ist. Apropo Bedienung! Die ist natürlich auch eher gewöhnungsbedürftig. Was man bei einer ausgewachsenen Kamera mit dedizierten Knöpfen, Rädern und Schaltern mal eben ändern kann, muss man hier teilweise recht umständlich einstellen. Die Belichtungskorrektur ist bei diesem Smartphone und der darin enthaltenen Standard-Kamera-Applikation nur über den Umweg ins Menü zu aktivieren und schlimmer noch, nach einem Foto ist sie wieder zurückgestellt! So kann man nicht für viele Fotos vom gleichen Motiv einmal einen Wert einstellen, sondern muss dies bei jedem Bild wieder tun! Sehr nervig und zeigt klar das die Entwickler die Belichtungskorrektur eher als Gimmick ansehen.
Bei Motiven mit wenig (wichtigen) Details gelingen übrigens recht brauchbare Bilder. Zwar würde man auch hier bei den Rissen in der Scheibe sehen können, dass die Details zu gering sind, aber das schadet dem Gesamteindruck bei kleinen Ausgabeformaten nicht sonderlich. Das gilt natürlich für alle Fotos, wenn das Ausgabeformat klein genug ist, wie z.B. auf dem Handy selber, wo die meisten Bilder noch sehr gut aussehen.
Die Schärfentiefe ist bis auf Makroaufnahmen, also wenige Zentimeter Entfernung zum Motiv, nahezu unendlich ausgedehnt. Keine Überraschung. Die Blende ist fest auf 2.4, so dass man immer mit "Offenblende" fotografiert, aber bei dem kleinen Objektiv und Sensor bedeutet das halt keinerlei kreative Möglichkeiten wie Freistellung.
Nach dem ich etliche Bilder draußen gemacht hatte, wollte ich noch einmal die Möglichkeiten in Innenräumen ohne "Blitz" ausprobieren. Am Rande: der Blitz ist nur eine kleine LED und hat max. 1.5m Reichweite, also nichts, was ich als Blitz bezeichnen würde. Reicht für Käsegesichter im Club aus nächster Nähe mit rabenschwarzem Hintergrund ;)
Die Kamera verfügt, wie oben geschrieben, nicht über eine echte Blende. Die einzigen beiden Parameter die daher wirklich (automatisch) verstellt werden können, sind Belichtungszeit und ISO (Verstärkung). Da auch den Entwicklern der Kamera klar gewesen sein dürfte, dass die ISOs nicht gerade problemlos erhöht werden können, wird gnadenlos an der Zeitschraube gedreht. Schon bei durch Tageslicht hell erleuchteten Innenräumen steigt die Belichtungszeit teilweise über 1/50 Sekunde! Viel zu lang für bewegte Motive wie langsam laufende Menschen. Entsprechend hat man es sehr viel mit Bewegungsunschärfe zu tun.
Bei statischen Motiven hat man dagegen eher mit geringer Schärfe zu kämpfen, die sich aus einer Kombination aus Objektivschwächen und JPEG-Verarbeitung ergeben dürften.
Bei solchen Motiven spielt das kaum eine Rolle, sofern man bei der Postproduction ein wenig nachhilft.
Mit ein "wenig" Bearbeitung in Lightroom kann man sogar recht knackige Ergebnisse erzielen, wenn es denn die Rahmenbedingungen erlauben.
Eine nachträgliche Schwarzweißkonvertierung macht die Bilder in meinen Augen etwas gefälliger, da man das Farbrauschen nicht mehr sehen kann.
Bei genügend Licht, wird die Zeit als einziger freier Parameter erhöht. Die minimale ISO-Zahl scheint 80 zu sein, die maximale war bei mir 1000, wobei das ein krummer Wert ist, so dass ich fürchte es könnte bis 1600 gehen. Die minimale Belichtungszeit dürfte eine 1/8000 sein, ein durchaus respektabler Wert. Aber auch notwendig, da wie gesagt keine echte Blende vorhanden.
Um Details wie kleine Schrift aufzunehmen, reicht es bei gutem Licht noch halbwegs. Das spionagemäßige abfotografieren von Geheimdokumenten sollte man aber dann doch mit dem eingebauten LED-Blitz machen :)
Was mich gewundert hat, auch mit einem Handy erregt man Aufmerksamkeit! Ich hatte insgeheim gehofft, mit dem Handy unbeachteter Aufnahmen machen zu können, als mit meiner fetten Kleinbildkamera, bei der schon die meisten Objektive ein Vielfaches der Größe des gesamten Handys erreichen. Leider war dies ein Trugschluss. Die Kommentare aus dem "Off" waren genauso häufig.
Eigentlich überflüssig über Chromatische Abberationen oder ähnliches zu philosophisieren, aber der Vollständigkeit halber hier ein extremes (?) Beispiel. Das offenliegende Objektiv ist sehr anfällig gegenüber Gegenlicht. Welche sonstigen Objektivprobleme noch vorhanden sind, kann man angesichts der geringen Gesamtqualität der Bilder schwer ausmachen, also spielen sie somit auch keine große Rolle.
Pseudomakroaufnahmen gelingen übrigens recht gut. Wirkliche Makros gehen natürlich nicht, aber trotz des angenehm weitwinkligen Objektivs kommt man nah genug an die meisten Motive heran. Das ist auch notwendig, z.B. für Barcodescanner-Applikationen, die durchaus nützlich sein können.
Fazit:
Am Ende meiner kurzen Session mit der Smartphone-Kamera blieb ein gemischtes Gefühl. Auf der einen Seite sind die klaren Defizite einer solchen Kamera, mit der man als ambitionierter Hobbyfotograf nicht wirklich leben kann, auf der anderen Seite war der Reiz dieser Einschränkungen groß. Groß deshalb, weil ich einfach sehen wollte, was man mit solchen geringen Mitteln erreichen kann. Ich habe dabei erst an der Spitze gekratzt und kann mir gut vorstellen, dass ich die Grenzen da noch weiter ausloten werde. Ist halt mal eine interessante Abwechslung zu einer Profikamera, bei der ohnehin alles geht und die technischen Grenzen meistens keine Rolle spielen.
Wirklich überrascht hat mich übrigens die elegante Art der Fokussierung die möglich ist. Statt den vorhandenen und schlecht gemachten Auslöser am Handy-Gehäuse zu verwenden, kann man auf dem Touchscreen direkt den Punkt bestimmen, auf den fokussiert werden soll. Bei der Schärfentiefen meistens nicht sonderlich wichtig, ist es doch mal ein Feature, was bei einer modernen Spiegelreflex nicht so elegant gelöst ist, da man dort mit Steuerkreuz und/oder Verschwenken arbeiten muss. Auch die Auslöseverzögerung hatte ich mir schlimmer vorgestellt. Sicherlich weit entfernt von dem, was man als Actionfotograf benötigt, aber Action ist aus den hier genannten Gründen ohnehin kaum die Domäne einer solchen Handy-Kamera.
Wenn man keine allzu hohen Ansprüche hat, bzw. diese mal für einen Moment herunterschrauben kann, hat man durchaus einen kurzweiligen Spaß mit diesem Gerät. Um Dokumentationsfotos zu machen, die man dann direkt anderen auf's Handy sendet, reicht es wohl ebenfalls...meistens zumindest.
Definitiv kein Ersatz für eine Kompaktkamera, nicht einmal für eine günstige, aber besser so, als gar kein Bild...na ja, manchmal zumindest ;)
Vielen Dank für's Lesen.
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