SNS-HDR ist ein polnisches HDR-Tool (siehe http://www.sns-hdr.com/). Es ist als komplette Applikation mit Benutzeroberfläche verfügbar. Mein kleiner Kurztest beschäftigt sich aber mit der kostenlosen Freeware-Version, die nur aus einem Konsolenprogramm besteht. Zu diesem Konsolenprogramm gibt es allerdings auch mindestens eine einfache grafische Oberfläche, die einem zumindest das mühselige Eintippen von Dateipfaden und Programmparametern erleichtert. Ich verwende als Minimaloberfläche das Windows-Programm "SNS-HDR Lite GUI.exe", was mir aktuell ausreicht.
Was macht dieses HDR-Programm jetzt so besonders? Kurz: seine sehr natürlich wirkenden Ergebnisse.
Ich habe bereits einige HDR-Tools ausprobiert, sei es die kostenlosen Tools die unter Linux verfügbar sind, oder auch die teilweise ziemlich teuren "professionellen" Tools oder Plugins für Windows und Mac, die man als Standalone oder z.B. als Lightroom/Photoshop-Plugin vorfindet. Wer sich ein wenig mit der Materie beschäftigt hat, wird wissen von welchen Programmen ich spreche. Ich spare mir daher einen Aufzählung.
Bei allen Programmen erhielt ich aber Ergebnisse von unbrauchbar (merkwürdig zerstörte Bereiche), über schlecht (sehr künstlich), bis akzeptable. Sicherlich können Experten mit diesen Programmen ansprechende Ergebnisse erzielen, mir war der Aufwand aber zu groß, bzw. oft wusste ich nach mehreren Stunden wirklich nicht mehr was ich noch tun sollte um das von mir gewünschte Ergebnis zu erhalten. Kurzum, ich habe mein Vorhaben natürlich wirkende HDRs, z.B. von Landschaftaufnahmen mit zu hoher Dynamik (Gegenlicht, heller Himmel vs. dunkler Boden) immer wieder aufgegeben.
SNS-HDR habe ich durch Zufall über einen Thread in einem Fotoforum entdeckt. Mit sehr geringen Erwartungen habe ich die schlanke Konsolenversion heruntergeladen und "installiert". Das erste Ergebnis hat mich aber aus den Socken gehauen! Genau das wollte ich immer! Ein HDR, dass kein HDR ist! Das Ergebnis schlug alles, was ich zuvor mit viel Aufwand versucht habe zu erzeugen. Ein Foto aus mehreren Fotos, das einfach nur einen höheren Dynamikumfang aufweist, als es eine Einzelaufnahme aufweisen kann.
Viele Einstellungen gibt es bei dem Programm in der Freeware-Version nicht. Man stellt lediglich eines der 8 vorgegebenen "Szenarien" ein und wartet auf das Ergebnis. Die Verarbeitungsgeschwindigkeit ist bei der Konsolenversion dabei nicht gerade berühmt. Auch wenn Deghosting und Auto-Alignment dabei mit durchgeführt werden, dauert es auf einem noch recht aktuellen Rechner schon deutlich mehr als 1 Minute, bis das Ergebnis vorliegt. Aber das Ergebnis entschädigt für die Wartezeit.
Hier einmal die ebenfalls kostenlose Minimaloberfläche die ich verwende:
Letztendlich nimmt einem diese Mini-GUI nur die Handarbeit der Parametrierung des Konsolenprogramms ab. Über den Button "SNS-HDR Lite" weist man einmalig das Hauptprogramm zu. Über "Select files(s)" erhält man ein Explorer-Fenster, in dem man halbwegs bequem die Bilder auswählen kann; mit Vorschau, wie man es vom hier verwendeten Windows-Explorer kennt.
Möchte man nur erstmal eine schnelle Vorschau, kann man mit "Size reduction" die Ausgabegröße einschränken, was den Prozess enorm beschleunigt. Die Option "Alignment" aktiviert das extrem wichtige automatische Ausrichten der Einzelbilder zueinander. Das ist unabdingbar wenn man wie ich die Fotos aus der Hand macht, statt mit einem Stativ. "Deghosting" soll Geisterbilder verhindern, die sich durch bewegte Objekte in der Szene ergeben, z.B. Personen. Selbst mit einer Belichtungsreihe im Serienbildmodus ist der Zeitunterschied zwischen dem ersten und dem letzten Bild der Serie oft zu groß, so dass Objekte nicht auf allen Aufnahmen an der gleichen Stelle erscheinen. Die Funktion arbeitet übrigens teilweise sehr gut, teilweise leider auch nicht. Ich denke die Automatik ist ab einem gewissen Grad an Unterschieden überfordert, was nicht verwundert und auch bei allen anderen Programmen, die ich probiert habe, nicht anders war.
Als "Output format" steht JPG und Tiff als 8 oder auch 16-Bit-Version zur Verfügung. Um das Ergebnis gut weiterverarbeiten zu können, verwende ich stets TIFF mit 16-Bit Farbtiefe. Das Bearbeitungsprogramm muss dieses Format natürlich auch unterstützen, bei LR3 kein Problem.
Wie schon angesprochen, kann man lediglich vorgefertigte Presets verwenden. Diese sind wohlklingend benannt, leider geben einem die Namen kaum einen Hinweis darauf wie stark der HDR-Effekt ist. Ich habe daher folgende Liste angefertigt, die in meinen Augen die einzelnen Preset-Namen einer Stärke zuordnen. Die Pluszeichen geben für mich die Qualität für meinen Anwendungszweck an.
1) Dramatic
2) Night
3) Default
4) Interior +
5) Natural ++
6) Soft +++
7) LDR ++
8) Neutral +
"Dramatic" entspricht noch am ehesten dem, was man oft als HDR zu sehen bekommt und was in meinen Augen höchstens als "Kunstform" durchgeht, nicht aber als sinnvolle Einstellung um die Dynamikprobleme einer Szene auszugleichen. Neutral wirkt dagegen selbst bei näherer Betrachtung nicht mehr wie ein HDR auf mich. Mit "Soft" erziele ich aktuell die für mich besten Ergebnisse, wobei das natürlich auch ein wenig vom Motiv abhängt. Das Generieren von mehreren Vorschauen (x4, JPEG) kann einem relativ schnell aufzeigen, welche Einstellung für das jeweilige Motiv am geeignetsten ist.
Nun zu einigen Testbilder, die ich in der letzten Zeit gemacht habe und die hoffentlich ganz zu demonstrieren was ich unter "Non-HDR" verstehe.
Dieses und die folgende Bilder sind eigentlich untypische HDRs. Der Dynamikumfang der Szene scheint gering genug zu sein, um mit einer einzigen Aufnahme auskommen zu können. Tatsächlich waren die Helligkeitsunterschiede aber doch so enorm, dass nicht alle Bildteile gleich gut abgebildet werden konnten (Verwendet wurde eine D7000, Aufnahmen in RAW). Die Belichtungsreihe wurde aus der Hand im Serienmodus geschossen und bestand aus 3 Einzelaufnahmen (-1.3, 0, +1.3). Mehr als 3 Aufnahmen erlaubt die D7000 leider nicht als Belichtungsreihe. Weiter unten sollten sich noch Beispiele mit der D700 und 5 Einzelbildern finden.
Auf keiner der Einzelaufnahmen hatte ich Himmel, Gebäude und Wasser gleichermaßen gut genug belichtet, um alle Details darzustellen.
Die Schärfe leidet bei einigen der Freihandaufnahmen leicht, wobei das eher am Verwackeln liegen dürfte, als am Alignment der Software.
Ob hier das Deghosting dafür verantwortlich ist, dass keine ungewünschten Überlagerungen bei den beiden Personen bestehen, kann ich nicht mehr sagen. Ich hatte schon bewusst auf einen Moment gewartet, an dem die Personen sich möglichst wenig bewegen...was bei Anglern nicht sonderlich schwierig ist ;)
Die Bilder sind übrigens alle in Lightroom 3 nachbearbeitet. Das Originalergebnis ist heller und blasser. Ich habe nach meinem Geschmack die Kontraste und den Schwarzwert angehoben, so dass ein Teil der Details wieder verloren gegangen sein mag. Aber zumindest hatte ich die Wahl, da alle Details vorhanden waren.
Hier noch mal Beispiele für den eher klassischen Einsatz der HDR-Technik, Gegenlichtsituationen und Innenräume. Zunächst eine klassische Gegenlichtsituation, die sich nicht durch einen Standortwechsel lösen lässt (und auch nicht immer durch Abwarten auf eine bessere Lichtsituation).
Auf den Einzelaufnahmen ist entweder der Himmel zerstört (ausgebrannt) oder aber die Mauer ist nur noch als Scherenschnitt erkennbar. Zum Vergleich hier einmal das mittlere Bild der Serie:
Während man die Mauer noch im RAW-Konverter hätte retten können, ist das weiße Loch im Himmel nicht zu restaurieren. Vergleicht man die Stelle im Himmel auf beiden Bildern, sieht man das völlige Fehlen der Wolken. Das kriegt man auch mit dem Headroom eines 14-Bit-Raws nicht mehr hin!
Hier eine Innenraum-Szene bei der helles Tageslicht durch das Fenster scheint, das über eine farbige und feine Struktur verfügt. Der Innenraum ist dabei durch keine künstliche Lichtquelle erleuchtet, also stellenweise "stockdunkel" für das Auge der Kamera:
Sicherlich kein gutes HDR. Das liegt aber wohl mehr an den Einstellungen, die ich für die Belichtungsreihe gewählt habe. Die zu erahnende Landschaft wirkt sehr blass. Eine negative Belichtungskorrektur als Offset für die Serie wäre hier wohl die richtige Wahl gewesen. Trotzdem mehr als beeindruckend für mich, welches Ergebnis sich hier noch erzielen ließ. Keines der Serienbilder zeigt auch nur annähernd helles Fenster und dunklen Innenraum gleichzeitig gut erkennbar.
Fazit: Ich bin wirklich begeistert von dem Programm. Es ist bis jetzt das einzige HDR-Programm, was ich ausprobiert habe, was die von mir gewünschten Ergebnisse liefert. Die wenigen Presets der kostenlosen Version schränken teilweise ein wenig ein, aber um mich nun weiter mit der Materie zu beschäftigen scheint mir das Programm optimal. Sollte ich weiterhin so gute Ergebnisse erzielen können, bzw. noch bessere, bin ich auch der günstigen Kaufversion gegenüber nicht abgeneigt. Getestet habe ich diese Version allerdings noch nicht.
Ich freue mich schon auf Frühling und Sommer, wenn ich auf meinen Radtouren die Motive vorfinde, die ohne HDR nicht wirklich befriedigend auf den Sensor zu bannen sind.
Danke für's Lesen und viel Spaß beim selber ausprobieren.