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Donnerstag, 24. Juli 2014

Sigma 400/5.6 APO Macro - Erfahrungsbericht

Ich konnte über ein Forum für einen vernünftigen Preis ein 400er Sigma bekommen. Da ich an der Nikon sonst nur ein 70-200 als Tele habe, konnte ich nicht widerstehen.



Sigma APO 400 mm f5.6 Macro


Danke für die beiden Bilder an den Verkäufer

Das Objektiv ist noch gut zu transportieren und lässt sich auch noch aus der Hand verwenden. Allerdings mit Einschränkungen, dazu gleich mehr. Das Teil ist wohl die letzte Version eines 400/5.6 von Sigma für Vollformat aus den 90ziger Jahren. Es besitzt wie die meisten Objektive dieser Zeit (schon) einen Autofokus. Für Canon war dies sogar ein Ultraschallantrieb, für Nikon leider nur ein normaler Stangenantrieb, also kein Motor im Objektiv, stattdessen wird der Motor im Kameragehäuse verwendet. Der Tatzenaufkleber ist übrigens nicht serienmäßig ;)

Eine der ersten Testaufnahmen mit dem Sigma 400 5.6 APO Macro
Natürlich besteht der Spaß beim Kauf eines Objektivs auch immer in der Spannung. Gurke? Superteil? Man weiß es nicht, gerade bei alten, gebrauchten Objektiven. Natürlich habe ich wie immer vorher alles mögliche über das Objektiv in Erfahrung gebracht. Aber da man zur Erscheinungszeit des Objektivs noch nicht viel Internet betrieben hat, war auch nicht wirklich viel zu finden. Das Wenige was ich lesen konnte, sprach aber für ein durchaus brauchbares Teil. Also den Karton aufgerissen und ab damit auf die Kamera. Erste Testaufnahmen im Garten (wegen Licht und Entfernung). Gleich die erste Aufnahme war eine ziemliche Enttäuschung! "Bah, sieht das gruselig aus!". 3 Bilder später und nach genauerer Betrachtung dann die Erkenntnis: Frontfokus. Okay, kein Problem, in der Kamera kann man einen Korrekturwert einstellen. Bei schon recht heftigen +12 von +20 in der Feineinstellung der AF-Korrektur saß der Fokus dann da wo er sollte.



Zum Glück war der Fehlfokus bei allen Motivabständen gleich. Ich hatte auch schon Objektive, bei denen wanderte der Fehlfokus. Das ist dann nicht mehr zu korrigieren mit einem einzigen Korrekturfaktor und mehr haben die meisten (oder alle?) Kameras aktuell nicht.

So richtig prickelnd waren die Aufnahmen aber dennoch nicht. 400 mm bei einer maximalen Blendenöffnung von f=5.6 ist schon verdammt kritisch was das Verwackeln angeht. Paart man das dann noch mit den 36 "Megapickeln" der D800, ist man locker bei einer modernen Daumenregel mit einem Faktor von min. 3. Also bei einer Belichtungszeit von max. 1/1250. Längere Zeiten rächen sich sehr leicht mit subtil verwackelten Aufnahmen, die einfach nach allgemeiner Unschärfe aussehen. Erst beim Pixelpeepen erkennt man: "Das ist verwackelt!". Also ISOs rein, Zeiten runter und siehe da, es geht auch knackscharf!



Bei viel Licht bekommt man die (für mich) notwendige Belichtungszeit noch halbwegs problemlos hin. Sobald das Licht aber weniger wird, bekommt man Probleme. Leider nicht nur mit der Gefahr des Verwackelns, sondern auch mit dem Autofokus. Zwar kann die D800 beim mittleren AF-Feld noch Blende 8, aber es geht halt langsam und relativ unsicher. Außerdem sieht man durch den optischen nicht mehr viel und bei Liveview irgendwann gar nichts mehr. Das gilt allerdings erst bei sehr wenig Licht! Nicht wie auf dem Bild oben...was irgendwie nicht zum Text passt...ich lasse echt nach ;)



Das Sigma wirbt natürlich wie immer mit dem Aufdruck "Macro", also mit der Verwendbarkeit als Makrobjektiv. Das stimmt wie fast immer nur so...na ja, halb. Der Faktor ist ca. 1:3. Das ist schon ganz nett, aber von einem echten Makro mit min. 1:2, heute eher 1:1, ist das doch noch eine ganz Ecke entfernt. Das Bild oben zeigt aber nicht den maximalen Abbildungsmaßstab der erreichbar ist. Man muss dazu auf ca. 1,60 an das Motiv heran. Das hier dürften so 2,50 m gewesen sein. Aber gut, für Insekten, wie z.B. Libellen, denen man oft nicht so leicht nah genug kommt, ist es sicherlich ganz gut. Aufgrund der großen Brennweite und dem fehlenden Stabi würde ich aber schon ein 100 bis 200 mm Makro mit 1:1 in moderner Bauart vorziehen.



Die meisten werden ein 400mm Objektiv wohl auch eher für Tieraufnahmen verwenden. Leider bin ich ein lausiger Tierfotograf :) Das liegt aber nicht nur an der Technik, sondern vor allem an den Möglichkeiten und meiner Geduld....und dem Glück wohl auch. Man kann wetten, wenn auf der norddeutschen Wiese auf einmal 10 Elefanten stehen, die von Flamingos geritten werden, dann sind die in der Sekunde verschwunden, wo ich meine Kamera aus der Tasche gefummelt habe! :)))



Um überhaupt ein paar Testbilder mit Tieren machen zu können, habe ich einfach am Teich stehend ein paar Mal draufgehalten. Also eine Bitte an die Tierfotografen unter euch...Augen zuhalten ;)



Für langsame Enten und Co. reicht der AF übrigens noch ganz gut aus. Bei schnelleren oder schwierigeren Motiven ist die Kombi D800 + Sigma 400 aber eher nicht so gut. Die Autofokusleistung- und Geschwindigkeit ist eher mau aus heutiger Sicht und verglichen mit den 2.8er-Raketen von Nikon. Auch pumpt und zittert der AF bei "C" ziemlich stark und dauerhaft. Das tut er bei der D800 leider sehr oft, aber beim 400er hier stört es sehr stark, weil die Zeit bis der Fokus wieder richtig ist, sehr lang ausfällt. Stangen-AF war und ist halt nicht wirklich der Weisheit letzter Schluss.



Da ich aber schon immer recht uneinsichtig war und von meinen fotografischen Fähigkeit grotesk überzogen überzeugt bin ;) versuche ich es halt immer wieder. Hier mit mäßigem Erfolg, wenn man sich die große Version einmal anschaut. Dieses Bild bringt mich auch zu einem anderen Punkt, dem Bokeh. Das gefällt mir ehrlich gesagt nicht so sehr. Man hat oft sehr unruhige Hintergründe auch auch wirkt der Schärfeverlauf irgendwie milchig und blass. Das erinnert mich stark an das 70-200/2.8 VR II mit 2er Telekonverter dran. Zwar noch gut scharf, aber irgendwie...unschöner im Bokeh.



Bei diesem Bild finde ich das Bokeh allerdings okay. Oder besser gesagt: ich Idiot habe alle Bilder gelöscht, wo es besonders exemplarisch schlecht für mich aussah :)



Bei Nahaufnahmen und wenn der Abstand Motiv zu Hintergrund sehr groß ist, spielt das Bokeh quasi keine Rolle mehr, zumindest wenn der Hintergrund zusätzlich auch noch sehr homogen ist.

Die Leistung bei Offenblende finde ich sehr gut.


Man sieht zwar einen Unterschied durch Abblenden, aber das würde ich eher weniger der Schärfe, als vielmehr dem höheren Kontrast zuschreiben.


(aufgrund des geringen Lichts mit ISO 6400 aufgenommen)

Chromatische Abberationen, also Farbfehler vor und hinter der Schärfebene, sowie Farbsäume an Kontrastkanten sind nur sehr gering vorhanden. Sie sind so gering, dass sie ohne sichtbaren Einfluss auf die Bildqualität in der Nachbearbeitung per Mausklick entfernt werden können.



Bei 400 mm und ohne Stabi ist es wirklich schon verdammt schwer richtig zu fokussieren. Wackelt man am kleinen Motiv vorbei rauscht einem der Fokus davon und man hat seine liebe Not überhaupt wieder was in den Fokus zu kriegen.



Das Sigma verfügt über einen Fokusbegrenzer (Focus Limiter), mit dem man den Bereich auf 1,6 bis 2,50 begrenzen kann. Merkwürdig für mich: das funktioniert nur, wenn man beim Umschalten auch schon in dem Bereich ist. Liegt man darüber, kann man immer noch auf unendlich fokussieren. Beim meinem modernen Olympus-Makro wird beim einschalten einer Fokusbegrenzung gleich automatisch in diesen Bereich gefahren.


Womit ich jetzt mal zur Bedienung und Mechanik der Linse überleite.


Okay, die Bilder sind in diesem Abschnitt nun nur noch schmückendes Beiwerk. Aber ich kann mich einfach nicht aufraffen, Bilder von den Details des Objektivs zu machen.

Die Streulichtblende aka Geli ist integriert. Sie besteht aus einem ausziehbaren weichen Plastiktubus. Zwar ist solch eine Geli praktisch, aber leider klemmt sowas auch gerne beim rausziehen oder reinschieben.



Der Objektivtubus scheint aus Leichtmetall und Kunststoff gefertigt zu sein und macht einen soliden Eindruck. Was man vom Fokusbegrenzungsschalter allerdings nicht sagen kann. Der geht sehr leichtgängig und weckt nicht gerade das Vertrauen in die mechanische Stabilität.



Zwei Merkwürdigkeiten stellen für mich der Fokusring und der AF-MF-Umschalter dar. Der Fokusring ist RIESIG! Auf den beiden Bildern ganz oben im Beitrag erkannt man den ca. 8 cm langen Bereich. Außerdem geht der Fokusring sehr leichtgängig. Das Problem was man dadurch hat, man kann das Objektiv nicht richtig festhalten. Man hält das Objektiv gezwungenermaßen mit der gesamten Hand am Fokusring! Das fühlt sich nicht nur merkwürdig wabbelig an, sondern ist es auch. Manueller Fokus ist damit aus meiner Sicht Glückssache, da man schon bei der kleinsten Bewegung der Kamera den Fokus verstellt.



Der AF-MF-Umschalter ist ein Drehring dicht am Bajonett und vor dem Blendeneinstellring. Man muss den Ring ca. eine 1/4 Umdrehung drehen, wobei man dabei eine Mechanik spürt und hört, die wie das Aufziehwerk einer Eieruhr anmutet...sehr komisch! Der Blendenring ist Standard würde ich sagen. Geht ein wenig zu leichtgängig, so dass es sich schon mal ungewollt verstellt, was bei einem modernen Body zu einer Fehlermeldung führt. Der Ring muss immer auf "A" für Automatik stehen.



Das Objektiv kann sogar Schwarzweißaufnahmen machen... Okay, kleiner Scherz :)

Dieses Bild wurde mit Hilfe eines Stativs aufgenommen, womit wir bei der Stativschelle wären. Diese gefällt mir noch am besten von den mechanischen und Bedienungsdetails. Durch einen kurzen Dreh am gut zu greifenden Rädchen löst man oder zieht man die Schelle fest. Die sitzt dann auch stramm und wackelfrei. Im gelösten Zustand kann man den Drehknopf leicht nach außen ziehen und löst damit die Arretierung, die Schelle öffnet sich und kann leicht abgenommen werden. Auch das Aufsetzen geht sehr gut. Man kann so auch die Schelle zuerst am Stativkopf montieren und dann erst das Objektiv einsetzen. Von der Stabilität der Schellenkonstruktion her bin ich schlimmeres gewöhnt. Allerdings sind alle Stativschellen in meine Augen eine Fehlkonstruktion! Die L-Form ist unweigerlich instabil. Eine U-Form, bei der 2 Punkte abstützt wären und die Befestigung mitting sitzt, wäre idealer. Daher gibt es solche Schellen auch als Zubehör zu kaufen.



Da ich sehr gerne "Action" aufnehme, also Sport, Konzerte, usw., interessiert mich gerade bei einem Tele natürlich die Tauglichkeit für solche Sujets. In erster Linie geht es dabei um Geschwindigkeit und Treffsicherheit des Autofokus, verbunden mit der Leistung beim kontinuierlichen Fokussieren. Wie oben schon angesprochen, ist der AF nicht gerade das Gelbe vom Ei. Das liegt natürlich immer an Kameragehäuse und Objektiv. Wobei die maximale Lichtstärke von 5.6, verbunden mit 400 mm Brennweite und Stangen-AF schon mal eine relativ schlechte Ausgangslage ist. Selbst bei Objekten die sich seitlich an einem vorbei bewegen, liegt die Trefferquote nicht sehr hoch. Der Fokus springt öfter mal weg und von einer Serie ist somit gut jedes 3 Bild eine Fahrkarte. So erging es mir zumindest an dem Tag an dem ich diese und ähnliche Aufnahmen gemacht habe. Ob man damit also z.B. Radrennen sinnvoll aufnehmen kann, wo die Radfahrer fast gerade auf einen zujagen?! Ich werde es mal ausprobieren, aber mit dem 70-200/2.8 in der Tasche ;)



Das Gewicht das Objektivs empfinde ich als okay. Es ist in etwa genauso schwer wie das aktuelle 70-200, dass ich auch lange Zeit aus der Hand verwende. Was mich immer wieder überrascht, selbst mit locker 2,5 Kilo in den Händen, ist es bei etwas stärkerem Wind, wie an diesem Tag hier, extrem schwer die Kamera ruhig genug zu halten. Man wird tatsächlich genug vom Wind gestört, dass man das deutlich im Sucher sieht, und auch spürt wie man dagegen ankämpft. Und ich bin kein Fliegengewicht (ca. 87 Kilo bei 184 cm).



Bei sehr kurzen Zeiten, wie ich sie hier verwendet habe, spielt das in Sachen verwackeln zwar keine große Rolle, aber man verfehlt sein Ziel leicht, bzw. durch das starke Schwanken macht man es dem AF oft so schwer, dass er daneben haut. Die Trefferquote war aber auch ohne Wind nicht wirklicht gut.



Noch ein Wort zur Seiten-/Gegenlichtempfindlichkeit. Die ist, wie ich bei einem Sigma aus den 90zigern auch nicht viel anders erwartet habe, relativ hoch.  Das Bild oben ist schon geschönt, da ich die Kontraste und den Schwarzwert angezogen habe. Trotz Geli und sichtbarer Beschichtung muss man also sehr aufpassen. Das gilt zwar auch für aktuelle Objektive, aber ich meine das es dort nicht so starke Auswirkungen hat. Wobei das von Objektiv zu Objektiv unterschiedlich ist.



Bei diesem Bild habe ich mir übrigens tierisch einen abgebrochen :) Da ich keine Lust mehr hatte das Stativ noch einmal aufzubauen, ich aber die Lichtstimmung und den Farbkontrast so toll fand, habe ich unglaubliche 12 Versuche gebraucht das hier aus der Hand aufzunehmen! Bei vielen Versuchen saß der Fokus nicht, bei einigen schien es leicht verwackelt zu sein.


Mein Fazit:

Ohne VR sind 400 mm wirklich eine Herausforderung. Somit ist knipsen mit dem 400er Sigma wahrlich kein Ponyhof ;) Wenn man das nicht weiß oder beachtet, liefert das Objektiv auch problemlos und permant matschige Bilder wie sie auch ein Gurkenglas liefern würde. Es ist also alles andere als einfach technisch wirklich gute Bilder zu bekommen. Durch die geringe Lichtstärke kämpft man mit Fokusproblemen, hat entweder sehr lange Belichtungszeiten was zu Verwacklern führt oder ärgert sich über Rauschen aufgrund der hohen ISO-Einstellung.
Für Action scheint die Linse aufgrund des etwas lahmen und nicht immer sehr treffsicheren AF auch eher nicht so geeignet zu sein. Wobei ich das noch mal bei Gelegenheit genau ausprobieren werde.
Die Bedienung ist aufgrund des zu großen Fokusrings nicht wirklich toll und auch der AF-Umschalter und der Blendenring sind nicht gerade wegweisend. Die Geli ist praktisch, aber klemmt leicht, gerade wenn es feucht ist.

Auf der Habenseite steht dagegen eine sehr gute Abbildungsleistung schon bei Offenblende. Relativ geringe Größe und Gewicht und natürlich eine sehr spannende Brennweite von immerhin 400 mm. Das dürfte für APS-C-Kameras schon sehr gut für "Wildlife" taugen. An Kleinbild ist es immerhin die längste Brennweite die ich bereit bin zu bezahlen und zu schleppen.

Für mich ein solides Supertele alter Schule, dass auch noch an einer D800 eine gute Figur macht...machen kann, wenn man es denn richtig macht ;) Ich bin mir bis jetzt noch nicht im Klaren, ob es der Spaß oder der Frust überwiegt. Mal könnte man das Teil abknutschen, wenn man das Ergebnis betrachtet und manchmal würde man es am liebsten an die Wand werfen. Aber die Herausforderung hat für mich auch ihren Reiz.

Danke und Grüße,
Gordon

2 Kommentare:

  1. Ich habe die Nikon Version und kann dem Bericht voll zustimmen. Nachtaufnahmen habe ich mit manueller Entfernungseinstellung gemacht. Je nach Objektentfernung (20 bis 1000m) war die Abbildungsleistung sehr gut bis gut.

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  2. das ist zwar ein älteres teil, aber alle schwören drauf. bin mal gespannt, hab auch eines ergattert

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